Neue Parkinson-Studie:

Tiefe Hirnstimulation verbessert motorische Funktion und Lebensqualität bereits in frühem Erkrankungs-Stadium.

Im New England Journal of Medicine publizierte Ergebnisse der EARLYSTIM-Studie zeigen deutliche Verbesserungen der Lebensqualität und der motorischen Funktion der Parkinson-Patienten, die in einem frühen Erkrankungsstadium mit Tiefer Hirnstimulation behandelt werden.

Wien, 10. April 2013 – Die Anwendung der Tiefen Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation, DBS) im Vergleich zu alleiniger optimaler medikamentöser Therapie (BMT) bietet überlegene Vorteile für Parkinson-Patienten, die frühzeitige motorische Komplikationen ihrer Erkrankung aufweisen. Das zeigen die im New England Journal of Medicine publizierten Ergebnisse der EARLYSTIM-Studie. Bei der DBS wird ein implantiertes medizinisches Gerät ähnlich einem Herzschrittmacher verwendet, um leichte elektrische Impulse an präzise anvisierte Hirnareale abzugeben. Die elektrische Stimulation dieser Bereiche, die nicht-invasiv programmiert und angepasst werden kann, verbessert die motorischen Zeichen und Komplikationen der Parkinson-Erkrankung. Bislang wird die DBS hauptsächlich in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung eingesetzt, die nicht allein medikamentös therapiert werden können.

„Diese Ergebnisse signalisieren eine Erweiterung der Behandlungsoptionen und beweisen, dass die Tiefe Hirnstimulation die Lebensqualität der Patienten sogar in einem relativ frühen Stadium der Parkinson-Erkrankung verbessern kann, wenn die Fluktuationen (Anm.: Schwankungen der Beweglichkeit) und Dyskinesien (Anm.: unwillkürliche Bewegungen) erst seit Kurzem bestehen und Ärzte traditionell allein auf Medikamente vertrauen. Patienten mit einer Tiefen Hirnstimulation haben hier gegenüber der alleinigen optimalen medikamentösen Behandlung therapeutische Vorteile”, kommentiert Univ.-Prof. Dr. Walter Pirker von der Univ.-Klinik für Neurologie, AKH Wien. „Diese Ergebnisse erlauben es, bei Patienten, die entsprechende Auswahlkriterien erfüllen, die DBS-Therapie in einem früheren Stadium der Erkrankung als bisher üblich einzusetzen. Die Operation zu einem früheren Zeitpunkt hat grundsätzlich den Vorteil, dass die bzw. der Betroffene länger von der Verbesserung durch die Operation profitieren kann. Wie bisher müssen Patienten vor der Operation aber sehr sorgfältig neurologisch abgeklärt werden. Die Vorteile müssen bei jedem in Frage kommenden Patienten klar gegenüber den potentiellen Risiken überwiegen, um den Eingriff empfehlen zu können.”

„Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende, neurologische Erkrankung. Sie entsteht durch einen Funktionsverlust der Gehirnzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren“, erklärt der Neurologe Prim. Dr. Dieter Volc (Vorstandsmitglied der Parkinson Selbsthilfe Österreich; Confraternität, Wien). Weil Dopamin die Körperbewegungen beeinflusst, sind die vier Hauptsymptome bei Parkinson Rigor (Versteifung der Muskulatur, ruckartiger Bewegungsablauf), Tremor (Zittern in Ruhe, vor allem der Hände und Unterarme), Akinese (Verlangsamung und Verarmung der Bewegungen) und Störungen der aufrechten Haltung.

In Österreich sind etwa 20.000 Menschen an Morbus Parkinson erkrankt. Die Häufigkeit der Parkinson-Krankheit steigt mit zunehmendem Alter. Bei 10 Prozent der Patienten beginnt sie vor dem 40. Lebensjahr. In der immer größer werdenden Altersgruppe der über 70-Jährigen leiden 3% unter Parkinson. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Prim. Volc: „Es gibt heute noch keine Möglichkeit, die Erkrankung zu verhindern oder zumindest ihr Fortschreiten zu stoppen. Die Symptome sind aber medikamentös gut behandelbar, was Patienten in den ersten Jahren oder Jahrzehnten ein nahezu unbehindertes Leben ermöglicht.“

Die multizentrische, randomisierte, kontrollierte EARLYSTIM-Studie zur Evaluierung von Parkinson-Patienten mit frühzeitigen motorischen Komplikationen hat gezeigt, dass sich die krankheitsbezogene Lebensqualität unter DBS und gleichzeitiger optimaler medikamentöser Therapie nach 2 Jahren um durchschnittlich 26 Prozent bessert. Dem gegenüber kam es in diesem Zeitraum zu keiner Verbesserung bei Patienten mit alleiniger medikamentöser Therapie. In die Studie wurden 251 Patienten an 17 Zentren eingeschlossen und über den Verlauf von zwei Jahren nachverfolgt.

Weitere Hauptergebnisse der EARLYSTIM-Studie nach zwei Jahren:

  • Eine Verbesserung der motorischen Fähigkeiten um 53 Prozent (im „OFF“-Zustand, bei temporärem Absetzen der Medikation) bei Patienten, die mit der Medtronic-DBS-Therapie behandelt wurden, verglichen mit keiner Veränderung bei den Patienten, die nur die optimale medikamentöse Therapie erhielten (p<0,001).
  • Eine Verbesserung verschiedener alltäglicher Aktivitäten um 30 Prozent, einschließlich Sprechen, Handschrift, Anziehen und Gehen, bei den mit der Medtronic-DBS-Therapie behandelten Patienten in der Phase der stärksten Beeinträchtigung, dem sogenannten „OFF“, verglichen mit einer Verschlechterung um 12 Prozent bei den Patienten, die nur die optimale medikamentöse Therapie erhielten (p<0,001).
  • Eine Verbesserung der durch die L-Dopa-Medikation induzierten Komplikationen um 61 Prozent nach zwei Jahren einschließlich Dyskinesien und motorischen Fluktuationen bei den Patienten mit DBS-Therapie, verglichen mit einer Verschlechterung um 13 Prozent bei den Patienten, die nur die optimale medikamentöse Therapie erhielten (p<0,001).[1]
  • Die tägliche L-Dopa-Äquivalenzdosis konnte in der Gruppe mit Medtronic-DBS-Therapie um 39 Prozent gesenkt werden, während sie unter optimaler medikamentöser Therapie um 21 Prozent gesteigert werden musste (p<0,001).

Die DBS-Therapie

Bei der DBS-Therapie wird ein operativ implantiertes medizinisches Gerät verwendet, um leichte elektrische Impulse an präzise anvisierte Hirnareale abzugeben. Die elektrische Stimulation dieser Bereiche verbessert die motorischen Zeichen und die durch L-Dopa induzierten motorischen Komplikationen der Parkinson-Erkrankung. Die Stimulation kann durch geschulte Ärzte nicht-invasiv programmiert und adjustiert werden, um die Symptomkontrolle zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren. Mehr als 100.000 Patienten weltweit haben die DBS-Therapie von Medtronic erhalten.

Die DBS-Therapie ist derzeit in vielen Regionen weltweit, unter anderem in Europa und den USA, für die Behandlung der fortgeschrittenen Parkinsonkrankheit und der behindernden Symptome des essentiellen Tremors zugelassen, ebenso für die chronische behandlungsresistente Dystonie, für die die Zulassung in den USA einer Humanitarian Device Exemption (HDE) unterliegt. In Europa und in Kanada ist die DBS-Therapie darüber hinaus zur Behandlung der refraktären Epilepsie zugelassen. Die Therapie ist auch für die Behandlung der schweren behandlungsresistenten Zwangsneurose in der EU und in den USA im Rahmen einer HDE zugelassen.

1) Schuepbach WMM, Rau J, Knudsen K, et al., Neurostimulation for Parkinson’s disease with early motor complications. N Engl J Med 2013; 368:610-22

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